EMDR in der Behandlung von Traumatisierung nach akuter Herzerkrankung

20.05.2015 16:31

Meinen ersten Artikel zur Traumabehandlung habe ich in der Psychologie in Österreich (PIÖ) 2011 veröffentlicht. 

EMDR in der Behandlung von Traumatisierung nach akuter Herzerkrankung 

EMDR in the Treatment of Trauma after Acute Heart Disease

Zusammenfassung: Je nach Studie entwickeln bis zu 20% aller PatientInnen nach einem Herzereignis eine PTBS (Post Traumatische Belastungsstörung). Hat sich die Traumabehandlung bei vielen Themen wie Gewalt, sexuellem Mißbrauch oder Naturkatastrophen schon zum Standard entwickelt, so steht sie bei der Behandlung traumatisierter Herzpatienten aus verschiedenen Gründen noch ganz am Anfang. Die Anwendung von EMDR für traumatisierte Herzpatienten wird beschrieben.

Abstract: Depending on the study up to 20 per cent of all patients develop PTSD (Post Traumatic Stress Disorder) after a heart event. Trauma treatment is already a standard in treating PTSD after torture, sexual abuse or natural disaster. This is not the case for traumatised heart patients. The application of EMDR for traumatised heart patients is described.

 

Beispiel einer Behandlung mit EMDR aus dem Artikel:

Eine Patientin im Alter von 77 Jahre erlitt eine Aortendissektion und wurde durch eine Notoperation gerettet. Als Aortendissektion bezeichnet man eine Aufspaltung der Wandschichten der Hauptschlagader, meist verursacht durch einen Einriss der inneren Gefäßwand mit nachfolgender Einblutung zwischen die Schichten. Sie verursacht in aller Regel plötzliche, heftige Schmerzen und ist unmittelbar lebensbedrohlich, weil sie zu einem Aufplatzen der Hauptschlagader und zu akuten Durchblutungsstörungen verschiedener Organe führt. Während sie noch vor 50 Jahren meist tödlich endete, überlebt heute die Mehrzahl der Betroffenen. Dies ist hauptsächlich einer rasch eingeleiteten Operation und dem Einsetzen einer Gefäßprothese zu verdanken (Wikipedia, 2011). In der Folge litt die Patientin an Depressionen, an einem organisch nicht begründeten Druck in der Brust und einem Engegefühl im Hals. Am meisten störte sie ihre Weinerlichkeit. Sie litt auch noch an Schmerzen entlang der Rippen in Folge der Operation. Eine Traumatisierung erschien naheliegend, da die Patientin vor der Aortendissektion nicht an diesen Symptomen gelitten hat. Als sehr positiv erlebte sie die Unterstützung durch die Familie, aber auch die Kompetenz und Fürsorge der Krankenhausmitarbeiter. Nach Information über den Ablauf einer EMDR Behandlung erklärte sich die Patientin für den Beginn der Behandlung für die nächste Einheit bereit. Das belastendste Moment zu Beginn der Behandlung war für die Patientin das Aufklärungsgespräch des Arztes über: Zusammenbruch, Hubschrauberflug und Operation. Der Patientin ist hier bewusst geworden, an welch seidenem Faden ihr Leben gehangen hat. Auf der zehnteiligen Belastungsskala gab die Patientin die Belastung durch diese Erinnerung mit 8-10 an. Die Behandlung wurde mit Video aufgenommen und exzerpiert. 

Psychologe: Beobachten Sie diese Erinnerung, beobachten Sie sich selbst und klopfen Sie abwechselnd auf ihren Brustkorb. 

Patientin: klopft, wird ruhiger, nach innen gerichteter Blick 

Psychologe: Ich habe überlebt. Pause Ich habe überlebt Pause Patientin in einer Art Trance 

Psychologe: Können Sie den Satz laut sagen? Klopft noch immer in Trance. Spreche die Patientin mit Namen an und frage Sie noch einmal, ob sie den Satz laut wiederholen kann. Hier nimmt die Patientin mit mir Kontakt auf und fragt: Soll ich es sagen? Lächeln 

Patientin: Ich habe überlebt. 

Psychologe: spiegelnd, bestätigen. Ich habe überlebt. 

Patientin: Ich habe überlebt. Monoton gesprochen, klopft weiter 

Patientin: Ich habe überlebt. Klopft weiter Patientin: Ich habe überlebt. Jetzt mit mehr Sicherheit in der Stimme 

Patientin: Ausatmen, Seufzen

Patientin: Ich habe überlebt. Bewegt, mit Blick zu mir 

Psychologe: Gut, Klopfpause 

Psychologe: Ich habe überlebt. Stimmt der Satz? 

Patientin: Kopfnicken 

Psychologe: Stimmt der Satz so, wenn Sie Ihn aussprechen? 

Patientin: Kopfnicken, Ja. Ich spür‘s jetzt, greift an die Brust, Ich spür’s jetzt 

Psychologe: Ja. Bestätigend 

Patientin: Irgendwie muss es weiter gehen. 

Psychologe: Irgendwie wird es weiter gehen. Psychologe: Bleiben Sie dabei, beginne zu klopfen und die Patientin macht mit 

Psychologe: Ich habe überlebt und das Leben geht weiter. 

Patientin: Das Leben geht weiter. Klopfen 

Patientin: Das Leben wird weiter gehen. Klopfen 

Psychologe: Das Leben wird weiter gehen. Genau. Klopfen 

Patientin: Es wird schwer sein, aber es wird gehen. Klopfen, nach innen gerichteter Blick, beginnt sich eine Zukunft vorzustellen 

Patientin: Es wird gehen. Klopfe, Weil ich bin nicht alleine. Meine Kinder, die zu mir stehen. Klopfen. Die mir Kraft geben. 

Patientin: Ich habe überlebt. 

Psychologe: bestärkend, Ich habe überlebt. Pause, trinkt einen Schluck Wasser 

Psychologe: Wie fühlen Sie sich im Moment? 

Patientin: Gut. So ein bisserl befreit. 

Psychologe: Befreit. 

Patientin: Nicht mehr so drückend, greift zur Brust Höhe Brustbein, die ganzen Sorgen, ...

 

Der ganze Artikel mit der  ganzen  Behandlung steht hier zum download zur Verfügung:
 PIOe_04_11_Urtz.pdf (422,1 kB)